• Gesundheit hat Zukunft

    Gesundheit ist zu einem Wert an sich geworden: Man verbindet mit ihrem Erhalt ein Erfolgserlebnis und schätzt sie nicht erst, wenn sie fehlt. In der Erforschung der Thematik haben sich seit den 1990er Jahren drei Gesundheits-Typen erkennen lassen. Was steckt hinter den Typologien und welche Konsequenzen zeichnen sich langfristig für das Gesundheitswesen und den Pharmasektor ab?

    Gesundheit im Wertewandel

    „Nach der Gesundheit leben ist ein elend Leben“ – diese aus dem Mittelalter überlieferte Redewendung scheint noch immer für eine weit verbreitete Einstellung zur Gesundheit zu stehen. Doch wie lange noch? Steigender Wohlstand, sozialer Aufstieg und die Ansprüche der Leistungsgesellschaft haben der Gesundheit einen neuen Stellenwert verliehen. Man schätzt sie nicht mehr erst dann, wenn sie fehlt. Ein zumindest auf Mitteleuropa gültiges Muster zeigt, dass sich das Verhältnis zur Gesundheit in drei Gruppen aufteilen lässt:

    • Die Gesundheits-Nihilisten

    Zu ihnen gehören gemäss zahlreichen, seit den 1990er Jahren durchgeführten Untersuchungen etwa ein Drittel der erwachsenen und eher jüngeren und männlichen Bevölkerung. Sie verhalten sich gesundheitsschädigend und weisen überdurchschnittlich viele Raucher auf. Sie haben schlechte Essgewohnheiten und treiben wenig Sport.

    • Die Gesundheits-Interventionisten

    Sie verhalten sich rational und bewusst; sie konsumieren viele Vitamine und frei käufliche Pharmaprodukte. Häufig versuchen sie, bei eher schlechtem Gesundheitszustand, die Folgen früherer Exzesse zu korrigieren. Dieser Typus betrifft nur jeden siebten zumeist älteren mehrheitlich weiblichen Erwachsenen.

    • Die Gesundheits-Praktiker

    Sie machen etwa die Hälfte der Bevölkerung aus und verhalten sich natürlicherweise gesund. Man raucht nicht, isst vernünftig und treibt Sport. Auch wird in der Einnahme von Vitaminen und ohne Rezept zu kaufenden Pharmazeutika Zurückhaltung geübt.

    Was bringt die Zukunft?

    Offensichtlich vermittelt Gesundheit ein Erfolgserlebnis, das den Anreiz schafft, sie als Wert an sich zu pflegen. Wir dürfen deshalb davon ausgehen, dass die Gesundheits-Praktiker an Bedeutung gewinnen und damit zur kollektiven Fitness für die Zukunft beitragen.

    Was heisst das für die medizinische Forschung und das Gesundheitswesen?

    Die Konzentration auf Forschung und Entwicklung zugunsten von Krankheiten, die nicht durch gesunde Lebensweise alleine beherrscht werden können, nimmt weiter zu. Demgegenüber dürfte die fortgesetzte soziale Ächtung gesundheitsschädigender Gewohnheiten sich letztlich als mindestens ebenso starkes Sanktionsmittel erweisen wie die Zurückhaltung der Versicherungen, für die Folgen aufzukommen. Die Erwartung erscheint plausibel, dass die „klassischen“ Zielgruppen der Selbstmedikation tendenziell an Bedeutung verlieren. Daher wird der Pharmasektor neue, über die Promotion hinaus gehende Lösungen für den Umgang mit den gesunden Kundensegmenten finden müssen.