• Vegetarische Zukunft oder neue Vielfalt?

    Studien der FAO zufolge ist davon auszugehen, dass sich die Nachfrage nach Nahrungs- und Futtermitteln voraussichtlich bis 2050 bei einer Weltbevölkerung von etwa 10 Milliarden Menschen um 70% erhöhen wird. Welche Alternativen zeichnen sich für die Umwelt schonende Versorgung von proteinhaltigen Nahrungsmitteln ab?

    Drohende Nahrungsmittelknappheit: Auswege gesucht

    Das Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Gesundheit ist angekommen. In Deutschland sind etwa 10 Prozent der Bevölkerung bekennende Vegetarier, und ihre Zahl steigt jährlich um eine Million. Andererseits dürfte der Ertrag an Getreide und Hülsenfrüchten in den Ländern der Tropenzone infolge Klimawandel bis 2050 gegenüber 2010 um insgesamt etwa 15 Prozent zurückgehen. Dies erfordert den Einsatz ertragreicherer Getreidesorten und Wasser sparende Bodenkultivierung.

    Fleisch ohne Schlachtung?

    Nicht zuletzt diese Perspektive verleiht einer Forschung, die auf die Reproduktion tierischer Zellen unter Umgehung der natürlichen Fortpflanzung gerichtet ist, wesentliche Impulse. Nach einer Stammzellen-Biopsie am lebenden Tier wird in einem Nährmedium neues Muskelgewebe erzeugt. Als zukunftweisend ist der zunehmende Einsatz pflanzenbasierter Nährmedien anstelle von Serum aus Kälberföten zu sehen. 

    Vor- und Nachteile von Laborfleisch: Noch nicht abschliessend einzuschätzen

    Gemäss bisherigen Erkenntnissen führt der Verzehr von Laborfleisch nicht zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Auch die ökologischen Auswirkungen der Herstellung von Laborfleisch sind noch wenig untersucht. Gemäss einer von der American Chemical Society publizierten Studie werden der Land- und Wasserverbrauch sowie die Treibhausgasemissionen in der Herstellung von kultiviertem Fleisch verringert. Die Energiebilanz von In-vitro-Fleisch ist gegenüber der Tierhaltung günstiger, jedoch gegenüber pflanzlicher Ernährung im Nachteil.

    Auf dem Weg zur Vermarktung

    Durch Beimengung von Fettgewebe aus Stammzellen von Rindern ist inzwischen auch der Geschmack des Fleisches massgeblich verbessert worden. Mithilfe von 3D-Druck soll die heute noch breiige Konsistenz einer dem natürlichen Fleisch nahe kommenden Struktur weichen. Noch liegt der Preis für einen in-vitro-Burger bei etwa 10 bis 11 Dollar. Der zunehmende Wettbewerb dank neuer Start-ups mit kürzeren Entwicklungszeiten in den USA und Israel lässt weiter sinkende Preise erwarten. Auch der Schweizer Detailhandel hat die Zeichen der Zeit erkannt. Über die Bell Food Group ist Coop am niederländischen Start-up Mosa Meat beteiligt, während die Migros sich beim israelischen Start-up Aleph Farms engagiert.

    Zukunft mit Vielfalt

    Das Innovationspotenzial für alternative Nahrungsmittel ist nicht ausgeschöpft, was sich auch  darin zeigt, dass weltweit erst etwa 1 Mrd. Dollar in Forschung und Entwicklung für Laborfleisch investiert worden sind. Die Steigerung der letzten drei Jahre, darunter etwa 120 Mio. Dollar an neuen Mitteln für Aleph Farms, weist auf ein zunehmendes allgemeines Interesse an alternativen Nahrungsmitteln hin. moderning beobachtet diese Entwicklung und zeigt die Wechselwirkungen zwischen den beteiligten Forschungszweigen, Politik, Wirtschaft und den letztlich erfolgsentscheidenden Wertvorstellungen der Konsumenten auf. Die mit Ihnen erarbeiteten Zukunftsszenarien zeigen die Bandbreite von Machbarkeit und Akzeptanz – und der Chancen, zu einer neuen Vielfalt zu gelangen anstatt nur eine drohende Notlage verhindern zu müssen.